Travepedia
Die Online-Enzyklopädie über den Lebensraum
Trave:
Im Fluss der Zeit
TRAVEPEDIA - ist ein Projekt zum Aufbau einer
Enzyklopädie über die Trave, zu dem du mit deinem Wissen beitragen
kannst. Hier findest Du allerlei interessante Informationen über den
Lebensraum Trave von ihrer Quelle bis zu ihrer Mündung
Tatort Trave
Die Trave,
ein 113 km langer Fluss im östlichen Hügelland Schleswig-Holsteins
verbindet und trennt seit der letzten Eiszeit die Menschen an ihren
Ufern. Die Trave ist der zweitlängste Fluss Schleswig-Holsteins.
Viele Menschen wissen nur wenig über seine Herkunft, Geschichte und
seine wichtige Rolle für Mensch und Natur. Das Projekt „Trave-Kids
auf Flusssafari“ soll das ändern. In einem selbstproduzierten Film
entdecken Jugendliche den Fluss vor ihrer Haustür und lüften die
Geheimnisse des Lebensraumes Trave.
Die Trave – Siedlungsraum und
Grenzfluss
Die Trave kann
mit ihren 124 Kilometern Länge zu den größeren Fließgewässer in
Schleswig-Holstein gezählt werden. Neben ihren sagen wir mal
natürlichen Aufgaben stellt sie auch die Grenze zu Mecklenburg dar.
In der frühen
Geschichte Norddeutschlands war die Rolle der Trave als Grenzfluss
von ungleich größerer Bedeutung, als es die heutige Funktion als
Landesgrenze erahnen lässt. In den durch die Völkerwanderung leer
gewordenen Raum stießen im 6. und 7. Jahrhundert slawische Stämme,
die auf der Suche nach Siedlungsland waren. Dies führte zu einer
Aufteilung des Landes, denn auch wenn manche Gebiete relativ leer
waren, so lebten noch immer germanische Stämme dort. Sicherlich hat
es immer wieder heftige Kämpfe zwischen Germanen und Slawen gegeben,
immerhin galt es Interessengebiete abzustecken. Im Rahmen solcher
Kriege wurde auch das damals noch zu Stormarn gehörende Hamburg von
den Slawen erobert und niedergebrannt.
Irgendwann haben sich so die akzeptierten
gegenseitigen Siedlungsräume herausgebildet. Getrennt wurden beide
Volksgruppen durch eine Grenze. Im Westen dieser Grenze siedelten
die germanischen Sachsen zu deren Volksstämmen auch die Sturmari
zählten, also die Namensgeber für das spätere Stormarn, im Osten und
Norden wiederum lebten nun die slawischen Obotriten.
Getrennt wurden
beide Siedlungsräume vermutlich durch eine Art neutrale Zone, die in
der Literatur als Limes Saxonia (lat. für sächsischer Grenzwall)
bezeichnet wird. Die Trave wiederum war zusammen mit der Schwentine
ein Teil dieser Grenzlinie. Anhand alter Ortsnamen wie z. B.
Barnitz, kann man (zumindest ungefähr) erkennen, wo sich das
slawische, wie in diesem Beispiel oder das sächsische
Siedlungsgebiet befand. Durch spätere Unterwerfung der letzten
slawischen Stämme durch sächsische bzw. mittlerweile deutsche Ritter
(im 12. Jahrhundert) verlor diese Grenze an Bedeutung.
Doch auch in
späterer Zeit behielt die Trave ihre Bedeutung, diesmal im Raum
Lübeck, dort im Bereich des Mündungsdeltas der Trave hatte sich mit
Lübeck ein wichtiger Handelshafen und Warenumschlagspunkt
entwickelt. Auf die Geschicke der Hanse soll an dieser Stelle nicht
eingegangen werden, es soll nur Erwähnung finden, dass der Fluss nun
in das mittelalterliche System der Stadtbefestigung miteinbezogen
wurde. In der Blütezeit der Hanse im 14. und 15. Jahrhundert, war
die Trave mit ihrem wichtigen Lübecker Hafen weniger ein trennendes
als vielmehr ein verbindendes Gewässer. Doch wie so viele Gewässer
hat man auch die Trave als Energiequelle genutzt, zahlreiche
Wassermühlen im Bereich der Städte wie Oldesloe, Reinfeld oder
Lübeck, nutzten nun die Kraft der Trave um ihre Mühlräder
anzutreiben.
Doch noch einmal sollte die Trave als trennendes
Element in Erscheinung treten. Durch die deutsche Teilung wurde sie
als Grenzfluss zu Mecklenburg zugleich auch zur Grenze zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
(DDR) und somit Teil der fast 1400 km langen innerdeutschen Grenze,
deren Öffnung am 9. November 1989 das Ende der DDR einläutete.
Prof. Dr. Dr. TimeTrave-ler
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Der Taufstein in der Klein Wesenberger Kirche,
auf dem Hügel über der Trave, stammt ursprünglich aus dem Lübecker
Dom. Er stammt aus dem Jahre 1163 und ist aus gotländischem
Kalkstein geschaffen. Im Jahre 1650 wurde er vom Dom auf einen
Lastkahn an der Obertrave verladen, die Trave stromaufwärts bis
Klein Wesenberg getreidelt und gestakt und dort in die um 1186
erbaute Kirche gebracht. Wenn wir noch viel länger in der Zeit
zurückgehen - und zwar richtig lange - also etliche millionen Jahre,
dann finden wir auf dem Hügel von Klein Barnitz einen versteinerten
See-Igel. Mit anderen Worten war hier ganz früher mal Meeresgrund.
Bloß gut, dass das schon so lange her ist...
Siedlungsgeschichte des Traveraumes
Die Trave ist
einer der größeren Gewässer in Schleswig-Holstein, oder aus
geographischer Sicht im südöstlichen Teil der Cimbrischen Halbinsel.
Nach rund 124 Kilometern fließt sie in die Ostsee. Dabei ist vor
allem bemerkenswert, das ihre Quelle nur wenige Kilometer von der
Ostsee entfernt liegt. Gezwungen durch geographische Gegebenheiten
macht das Gewässer sozusagen einen enormen Umweg bis es im Raum des
heutigen Travemünde an ihr „natürliches“ Ziel gelangt, die
Einmündung in ein größeres Gewässer. Dabei hat dieser Fluss, dessen
Anfänge mit dem Ende der Weichsel Kaltzeit (Eiszeit) vor ungefähr 12
000 zu tun haben, immer auch als Aufenthaltsraum des Menschen
gedient. Die ersten Menschen, die als Jäger und Sammler langsam den
Norden „eroberten“ dürften dabei kaum prägend auf das Einzugsgebiet
der Trave gewirkt haben. Als umherziehende Kleingruppen mit
vermutlich nur losen übergeordneten sozialen Verbindungen konnten
sie auch im Hinblick auf ihre technischen Möglichkeiten gar nicht
oder bestenfalls rudimentär auf ihren Siedlungs- bzw. Wanderungsraum
Einfluss nehmen.
Slawische Zeiten
Erste Hinweise
auf die Trave finden sich bereits aus der Zeit des ersten
Jahrhunderts, wo ein Gewässer unter dem Namen Dravus bzw. Drave in
Magna Germanica Erwähnung findet. Zu dieser Zeit dürften im Osten
der Cimbrischen Halbinsel verschiedene Germanische Stämme gesiedelt
haben, die allerdings bald im Zuge der Völkerwanderung ganz oder
teilweise diese Landschaft verlassen hatten. Später, im 6. und 7.
Jahrhundert wanderten slawische Stämme aus dem Osten kommend hier
ein. Es ist anzunehmen, dass diese besonders über die Flussläufe
nach Westen und Norden vorstießen. Diese Gruppen kamen, um das mehr
oder minder freie Land dauerhaft in ihren Besitz zu nehmen. die
eventuell wenigen, noch vor Ort verbliebenen, Bevölkerungsreste der
alten Einwohnerschaft sind dabei einfach assimiliert worden.
Als Folge dieser
erneuten Landnahme war die Trave nun zu einem „slawischen“ Fluss
geworden. Allerdings siedelten im Norden und Westen weiterhin
germanische Stämme aus der großen Gruppe der Sachsen. Zweifellos gab
es verschiedene Kämpfe mit den jeweiligen Nachbarn, sozusagen um die
Grenzen abzustecken. Im Bereich des östlichen Holsteins hatte sich
so das Volk der Obotriten (oder auch Abotriten) dauerhaft festsetzen
können. Mit der Stadt und Festung Starigard hatte es sich zugleich
ein bedeutendes Siedlungs- und Herrschaftszentrum geschaffen. Auch
das Einzugsgebiet der Trave war Teil des Machtbereiches der Wagrier,
vermutlich ein Unterstamm der Obotriten.
Einen
machtpolitischen Höhepunkt erlebten die Obotriten im Zuge der
Sachsenkriege Karls des Großen, denn als seine Verbündeten,
unterstützt durch fränkische Hilfstruppen (auxiliatores
francorum, laut der regesta Imperii) gelang es ihnen ihre
sächsischen Nachbarn in der Schlacht auf dem Sventanafeld 798 zu
besiegen. [Dem Schwentinefeld bei Bornhöved] Allerdings
erfuhren die Obotriten bald gegen die Dänen (808) eine schwere
Niederlage, weswegen Karl der Große loyale sächsische Truppen in
Nordalbingen (dem Land nördlich der Elbe stationierte). Auch wenn es
noch mehrere Jahrhunderte dauern sollte, so ließ sich dennoch die
Dominanz der fränkisch-sächsischen bzw. deutschen Herrschaft im
Norden nicht leugnen.
Dennoch haben die
Slawen in dieser Region ihre Spuren deutlich hinterlassen. Plön, im
Westen des einstigen Wagrischen Herrschaftsgebietes geht ganz klar
auf diese zurück. Aus dem slawischen Plune war langsam ein deutsches
Plön geworden. Entlang der Trave finden wir ähnliche Spuren. Barnitz
muss ursprünglich ein slawisches Dorf gewesen sein. Später, nachdem
Verlust der eigenen Unabhängigkeit, kamen deutsche Siedler ins Land.
Die Wagrier standen jetzt vor der Wahl abzuwandern oder zu bleiben,
dann aber unter dem Verlust der alten Dörfer. Sie wurden zwar weder
vertrieben noch getötet, mussten aber entscheidende Änderungen
akzeptieren.
Die guten Böden
(und Hofstellen) bekamen jetzt deutsche Siedler, während die Slawen
sich mit weniger guten Böden und Hofstellen zufrieden geben mussten.
Erkennbar ist diese Entwicklung an den oft anzutreffenden
Aufteilungen der Dörfer in Groß und Klein. In Groß-Barnitz saßen die
deutschen Siedler und in Klein-Barnitz die Wagrischen.
Deus Vult I - Die Intrige from TRAVE-FILM on Vimeo.
An der Trave bei Barnice vor etwa 1000 Jahren. Ein slawischer Fürstensohn wird nach seiner Bekehrung zum Christentum von seinem Vater und seinem Volk verachtet. Aber auch seine neuen Glaubensbrüder sind ihm nicht wohl gesonnen. Um seine Loyalität und die Wahrhaftigkeit seines neuen Glaubens zu beweisen, soll er das heidnische Götzenbild zerstören. Neben der Errettung der verlorenen Seelen seines Stammes, wird ihm auch die Hand der huldvollen Tochter seines Lehnsherrn, der er überaus zugeneigt ist, versprochen. Wie wird der junge Krieger sich entscheiden? Wird er seine slawischen Wurzeln verraten oder seinen christlichen Glauben leugnen? Soll er das Heiligtum der Slawen zerstören...?
Deus Vult II - Der Frevel from TRAVE-FILM on Vimeo.
Spielfilm der
Projektgruppe Trave-Film von 2011. Als Darsteller sind u.a. Prof.
Time-Trave-ler als sächsischer Ritter, CamKid als slawisches
Dorfkind und Roebisseur als Mönch Vicelin zu sehen...
Das einst von den
Slawen angelegte Liubice kann heute als Vorsiedlung Lübecks
angesehen werden. Liubice, was soviel wie „die Liebliche“ bedeutet,
liegt am Zusammenfluss von Schwartau und Trave, rund sechs Kilometer
flussabwärts der Altstadtinsel der Stadt, unweit der Teerhofinsel.
Im laufe des 11. Jahrhunderts wurde der Siedlungsort deutlich
ausgebaut und auch durch Wälle gesichert. Ab 1093 wird der Ort und
der Herrschaftssitz planvoll ausgebaut und zu einem frühstädtischen
Siedlungskomplex entwickelt. Allerdings wird der Ort 1138 von den
Ranen, einem anderen slawischen Volk aus dem südlichen Ostseeraum,
zerstört.
Heinrich der Löwe
wollte den Ort als Handelsplatz in Konkurrenz zum dänischen
Schleswig ausbauen und förderte den Auf- und Ausbau des Ortes. Doch
erst mit der Hanse begann die Stadt aufzusteigen (seit 1160 das
Soster Stadtrecht) und sich zu einem international bedeutenden
Handelsplatz zu entwickeln.
Zum Seitenanfang Ein
Fluss als Wirtschaftsfaktor
Ein Eckpfeiler
der Stadt war aber immer die Trave, auf deren Flussinseln die
eigentliche Stadt gewachsen war. und die erst im 20 Kilometer
entfernten Travemünde in die Ostsee fließt. Fluss und Meer bilden
seither wichtige Verkehrsachsen für die Stadt. Auf dem Fluss konnten
Waren in die Stadt transportiert werden und über das Meer verschifft
werden. Darum stellte die Kontrolle über die Trave immer auch einen
wichtigen Aspekt der Politik Lübecks dar.
Ab Hamberge
fließt der Fluss ohnehin durch Lübecker Gebiet, doch auch der
Mittellauf war immer im Interesse der Stadt bzw. der Kaufleute
Lübecks. Deshalb ist der Fluss auch gezielt schiffbar gehalten
worden, so dass man auf ihm über weite Strecken Transporte
unternehmen konnte. Dies führte immer wieder zu Interessenkonflikten
mit anderen Berufsgruppen wie Fischer und Mühlenbetreiber.
Flussschiffer brauchen naturgemäß freie Gewässer. Mühlenbetreiber
dagegen brauchen Platz für ihre Wasserräder, obendrein sind für
einen kontinuierlichen Jahresbetrieb Wasserspeicher notwendig, also
Stauungen. Diese allerdings können nicht nur den Schiffsverkehr
erheblich erschweren, sie können auch den Fluss als Lebensraum
komplett verändern. Ganze Fischbestände können so zum Verschwinden
gebracht werden, ähnliches kann auch zu anderen Flussbewohnern, wie
Krebse und Muscheln gesagt werden. Doch auch an diese Tiere waren
wichtige Wirtschaftsinteressen gebunden.
Weiterhin gab es
an der Trave nicht nur Lübeck. Auch Segeberg, Oldesloe und Reinfeld
verfolgten Interessen an der Trave. Dies führte immer wieder zu
Streit darüber wer diesen Fluss beherrschte. Naturgemäß hatte hier
das durch den Handel reich gewordene Lübeck die besseren Argumente.
Es konnte sich immer findige Juristen oder Soldaten kaufen.
„Oldesloe, die Beste-Trave-Stadt“
Bereits 1448
versuchte man von Hamburg aus eine Schiffbare Verbindung nach Lübeck
zu bekommen. Grundlage waren dafür die Flüsse Alster, Beste und
Trave. Man brauchte lediglich durch einen Kanal die Alster mit der
Beste verbinden, da diese bei Oldesloe in die Trave mündete. Das
Kanalprojekt, das durchaus als Konkurrenz zum Stecknitzkanal (von
der Elbe bei Lauenburg bis nach Lübeck) gesehen werden kann,
scheiterte letztendlich an den topographischen Gegebenheiten bzw. am
Wassermangel.
Oldesloe, 1163
erstmals urkundlich erwähnt, direkt an einem Traveübergang gelegen
war somit von Anfang an mit dem Fluss verbunden. Der Ort entwickelte
sich Dank seiner Lage an einem Transitweg zwischen Hamburg und
Lübeck schnell zu einem wichtigen Umschlagplatz für Waren in
Stormarn. Waren konnten auf zwei Wegen von und nach Oldesloe
transportiert werden, dem Wasserweg und dem Landweg. Über die
schiffbare Beste und die ebenfalls Schiffbare Trave konnte
beispielweise Salz aus der Saline abtransportiert werden. Weiterhin
wurden in diesem Bereich durch Wassermühlen verschiedene Gewerbe
betrieben. Um ein Beispiel zu nennen, in Lohmühlen konnte Gerberlohe
(gewonnen aus Eichenrinde) für das Lederverarbeitende Handwerk
(Schumacher, Sattler, Handschuhmacher) hergestellt werden.
Doch noch auf
eine ganz andere Art konnte die Trave von wirtschaftlichem oder
vielmehr politischem Interesse sei. Im Zuge der großen
Arbeitslosigkeit als Folge des Zusammenbruchs der Börsen (1929)
diente die Idee der Flussregulierung als Möglichkeit den Menschen
Arbeit zu vermitteln. 1934 sahen die Nationalsozialisten darin eine
geeignetes Mittel die von Ihnen zuvor versprochenen Arbeitsplätze zu
schaffen. Die Obertrave zwischen Bad Segeberg und Bad Oldesloe (1910
erhielt die Stadt das Recht ihrem Namen die Bezeichnung „Bad“
voranzustellen) sollte nun in ihrem Flusslauf begradigt werden. So
sollte zugleich die Schiffbarkeit des Flusses ausgebaut werden.
Nachwort
Die Trave die
noch immer von Gießelrade aus über Bad Segeberg, Bad Oldesloe,
Reinfeld und Lübeck bei Travemünde in die Ostsee fließt, befindet
sich in einem ständigen Wechselspiel mit dem Land zu beiden Seiten
ihrer Ufer. Nur durch ihre Existenz ließen sich Menschen in diesem
Raum nieder, hier fanden sie Wasser, Nahrung und zuweilen eine
Existenz als Fischer, Handwerker, Kaufmann. Umgekehrt haben die
Menschen gewollt oder nicht auch den Fluss beeinflusst, durch Deiche
hemmten sie seinen freien Lauf, durch Stauungen (zum Beispiel für
die Wassermühlen) veränderten sie die Fließgeschwindigkeit, ebenso
durch Begradigungen. Sie veränderten die Wasserqualität durch
ständige Einleitungen von Abwässern, dies insbesondere im Bereich
der Städte oder Gewerbeanlagen. So nahmen sie Einfluss auf Flora und
Fauna im Fluss, das Wegfallen von bestimmten Fischen blieb ebenfalls
nicht ohne Folgen und so fort.
Prof. Dr. Dr.
TimeTrave-ler
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Urzeit an der Trave
CamKid hat an der Trave seltsame Steine gefunden
und diese vom Archäologischen Landesamt in Schleswig begutachten
lassen. Der nette Archäologe Stephan Meinhard schrieb ihm folgende
Zeilen:
Der versteinerte
Seeigel entstand vor mehreren Jahrmillionen, im so genannten
Erdmittelalter. (Die Wissenschaftler sagen häufig "Mesozoikum". Das
ist griechisch und bedeutet eigentlich das Gleiche wie im Deutschen.
Aber es klingt klüger.) Genauer gesagt entstand er während des Jura
oder wahrscheinlicher während der Kreidezeit. Während dieser Zeit
lebten auf dem Festland die Dinosaurier, aber das heutige
Schleswig-Holstein lag wirklich unter dem Meer. Während der
Kreidezeit müssen in diesem Meer große Mengen an kleinen Muscheln,
Schnecken und ähnlichen Tieren gelebt haben, die nach ihrem Tod auf
den Meeresgrund sanken, ebenso wie alle anderen toten Tiere,
darunter auch Dein Seeigel.
Der Seeigel wurde
irgendwann völlig von Kalk umgeben, während er sich langsam
zersetzte. Dadurch entstand ein kleiner, seeigelförmiger Hohlraum in
der Kalkschicht. Gleichzeitig zerfielen auch die Kieselalgen und
setzten dabei Kieselsäure frei die in die vom Seeigel hinterlassene
Höhle sickerte und sich dort sammelte. Über die Zeit wurde die
Kieselsäure immer fester, bis sie schließlich zu Stein geworden ist.
Der Seeigel, den Du heute anfassen kannst, ist also gar nicht mehr
der Igel, der vor Millionen von Jahren im Meer schwamm, sondern sein
versteinerter Abdruck.
Dein anderer
Stein ist genauso entstanden Er ist, wenn ich das auf dem Bild
richtig erkennen kann, aber kein Abdruck von einem Tier, sondern ein
Feuerstein. Der ist aber in etwa genauso alt, wie Dein Seeigel und
auch genau so entstanden. Der einzige Unterschied ist nur, dass bei
Deinem Feuerstein (dem man auch Flint nennt), die Kieselsäure in
einen Hohlraum geflossen ist, den kein totes Tier hinterlassen hat.
Wenn Du einmal
die Oberfläche von dem Seeigel mit der von dem Feuerstein
vergleichst, wirst Du feststellen, dass beide Oberflächen ziemlich
raus sind Sie sehen so aus, als wären winzige Krater ganz dicht
nebeneinander. Mal größer und mal kleiner. Das sind die Abdrücke der
Kalkschicht, in der die beiden Steine entstanden sind. Wenn die
Steine an manchen Stellen beschädigt sind, erkennst Du das daran,
dass die Beschädigungen glatter sind als die übrige Oberfläche.
Außerdem ist die alte Oberfläche, die man auch Rinde nennt, etwas
heller als der Rest, weil hier auch ein wenig Kalk mit in der
Kieselsäure gekommen ist. Und mit etwas Glück findest Du auch noch
hier und da etwas weiße Kreide an der Rinde.
Aber noch ist die
Geschichte Deiner Funde nicht zu Ende. Bis in die Eiszeiten lagen
beide Steine in dem Kalk. Nun dehnten sich die Gletscher
Nordskandinaviens immer wieder aus und bildeten eine riesige
Eisdecke, die immer weiter vorrückte. Dieser Riesengletscher riss
Teile des Felsgesteins aus dem heutigen Schweden und Norwegen mit
sich und transportierte es teilweise hunderte von Kilometern weit
weg. Da wo heute die Ostsee liegt, waren allerdings die weichen
Kalkschichten mit Deinen Steinen. Und weil der Kalk im Vergleich mit
dem skandinavischen Stein so weich ist, konnten die Gletscher sich
dort viel tiefer nach unten graben und dieses Material vor sich
herschieben. Sobald es wieder wärmer wurde, begannen die Gletscher,
wieder zu schmelzen und zogen sich langsam wieder in den Norden
zurück.
Vor etwa 120.000
Jahren begann die letzte Eiszeit (die so genannte Weichseleiszeit)
und die Gletscher Skandinaviens begannen, wieder sich auszudehnen
und sich zu einem einzigen riesigen Eispanzer zu verbinden. Nur kam
er dieses Mal nicht so weit. Er reichte diesmal ungefähr bis zu der
Mitte Schleswig-Holsteins (in Ost-West-Richtung) und als er zu tauen
begann, lies er riesige Mengen von Erde und Steinen hier liegen. So
entstand der größte Teil von Schleswig-Holstein. Gleichzeitig
hinterließ der Gletscher aber auch Deine Fundstücke genau da, wo
heute Barnitz liegt.
Wie Du siehst,
haben Dein Seeigel genauso wie Deine Feuersteine eine Reise hinter
sich, die in der Zeit der Dinosaurier und vielleicht hunderte
Kilometer weit weg von hier anfing und erst in dem Moment endete, in
dem Du sie gefunden hast. Ich habe die ganze Geschichte natürlich
stark vereinfacht dargestellt und ich hoffe, Du konntest mir in
meinen Ausführungen folgen. Aber ich bin ja auch nur Archäologe (das
ist wieder griechisch und bedeutet Altertumswissenschaftler). Wir
Archäologen beschäftigen uns mit den Hinterlassenschaften der
Menschen. Deren Geschichte fängt in Schleswig-Holstein erst zu dem
Zeitpunkt an, als die Reise Deiner Funde beinahe beendet war. Sie
also schon dort lagen, wo heute Barnitz ist, aber von Dir noch nicht
gefunden wurden. Für diese Menschen wäre Dein Feuerstein vielleicht
interessant gewesen, denn sie machten ihre Werkzeuge und
Pfeilspitzen aus diesem Material. Deshalb nennt man diese Epoche der
Menschheitsgeschichte auch Steinzeit. Aber nicht nur die Steinzeit
ist für uns interessant. Von den ersten Menschen bis in das
Mittelalter und manchmal auch bis fast in die Gegenwart erforschen
wir die Reste vergangener Zeiten und versuchen, so herauszubekommen
wie die Menschen früher einmal gelebt haben.
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